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EnergiewendeEnergiepolitik"Wir brauchen ein neues Energiemarkt-Konzept"

„Wir brauchen ein neues Energiemarkt-Konzept“

Jakob von Uexküll ist Stifter des Alternativen Nobelpreises und Gründer des World Future Council. Am 8. November 2014 eröffnete er mit einem Vortrag den Energiekongress von Greenpeace Energy in Hamburg. Wir dokumentieren das leidenschaftliche Plädoyer von Uexkülls für einen ernsthaften Umbau unserer Energieversorgerung hier ungekürzt:

Liebe Freunde,

Der Nobelpreisträger Paul Crutzen hat den Begriff des Anthropozähnen Zeitalters geprägt, eine neue Zeit in der die Natur und die natürliche Entwicklung so stark vom Menschen geprägt wird, dass es ein neues Erd-Zeitalter begründet: das Menschenzeitalter. Die Kommission der Geological Society of London, der weltweit ältesten geowissenschaftlichen Vereinigung, fand überzeugende Argumente für diese These, hauptsächlich aufgrund des menschgemachten Klimawandels für den, Zitat, „in den letzten Millionen Jahren keine Entsprechung zu finden sei“.

Diese Woche stellte eine neue Britische Studie fest, dass die globale Lebensmittelproduktion bedroht ist, weil die evolvierte Interaktion zwischen verschiedenen Arten zusammenbricht. Das heisst, Bienen und andere Insekten und von ihnen bestäubte Pflanzen kommen auf Grund des Klimawandels nicht mehr gleichzeitig zusammen.

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Blick ins Atrium des Veranstaltungsortes während der Rede von Jakob von Uexküll. Alle Fotos: Christine Lutz/Greenpeace Energy

Unser größtes Versagen besteht aber nicht in Klimawandel, Umweltkatastrophen oder Armut, sondern in unserem Versagen, angemessen auf diese Herausforderungen zu reagieren, obwohl zahlreiche technische und politische Lösungen vorhanden sind. Trotz globaler Wirtschafts- und Klimakrise glauben unsere Regierungen weiterhin, Wohlstand könne nur durch wirtschaftliches Wachstum, und Wachstum nur durch immer höheren Verbrauch von fossilen Brennstoffen, erzielt werden.

Aber ökonomische Gesetze können Naturgesetze nicht brechen. Unsere Wirtschaft ist ein abhängiges Sub-System unserer natürlichen Umwelt, nicht anders herum. Dies muss sich dringend in unserem wirtschaftlichen und politischen Handeln widerspiegeln.

Führende Klimawissenschaftler warnen, dass wir sonst weniger als zehn Jahre haben bis zum „point of no return“. Was heisst das konkret? Zum Beispiel, dass schon in den nächsten Jahrzehnten 200 Millionen Klima-Flüchtlinge aus Afrika nach Europa kommen – ein Szenario das Experten letzten Monat auf einem Symposium in Spanien präsentierten.

Wenn die Menschheit einen Planeten erhalten möchte der so ähnlich aussieht wie der auf der sich die menschliche Zivilisation entwickelt hat, geht es jetzt nicht mehr nur um eine Reduktion von Emissionen sondern um eine Reduktion der vorhandenen CO2 Konzentration in der Erdatmosphäre.

Man sagt, dass der Klimaschutz sich der „politischen Realität“ anpassen müsse.

141108_Energiekongress_c_ChristineLutz (78)Aber nicht der „politische Realismus“ wird über unsere Zukunft entscheiden, sondern ein „Erd-Realismus“, der uns sagt, wie viel Schadstoffausstoß und Raubbau die Erde noch verträgt, bevor die Natur aus dem Gleichgewicht gerät und unsere Erde zunehmend unbewohnbar macht, wie der Planet Venus. Ein solches Szenario schliesst zum Beispiel Prof. Anthony Giddens, Autor von „The Politics of Climate Change“, nicht mehr aus.

Eine ganzheitliche Sichtweise ist entscheidend, sowohl bei der Krisenanalyse als auch bei dem Entwickeln und Umsetzen von Lösungskonzepten. Um das Klimachaos zu verhindern reicht es zum Beispiel nicht aus, nur auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu setzen. Zusätzlich zur Energiewende brauchen wir auch eine Ressourcen-Wende. Wir brauchen politische Anreize, z.B. eine tiefgreifende ökologische Steuerreform und entsprechende Grenzabgaben, damit Effizienz-Gewinne nicht durch zunehmenden Konsum wieder aufgezehrt werden. Der Spruch „Wie Sand am Meer“ ist eine Bezeichnung für Überfluss, aber inzwischen wird – im neuesten Buch von Professor Schmidt-Bleek nachzulesen – auch dieser knapp.

Natürlich gibt es in Deutschland mit Blick auf den groẞen Erfolg der Erneuerbaren Energien viel zu feiern. Im Sommer werden an mehren Wochen bereits knapp die Hälfte des gesamten Strombedrafs aus PV Anlagen gewonnen. Und das in einem Industrieland wie Deutschland mit über 80 Millionen Einwohnern. Der Preis von PV ist in den letzten vier Jahren um 80% zurück gegangen. Schon jetzt sind in Deutschland erneuerbare Energien preislich auf einem Niveau mit den alten Energieformen.

Ein Haupterfolg des World Future Council (WFC) ist die Einführung von Energie-Einspeisegesetzen (Englisch: Feed-In-Tariffs) in anderen Ländern, wo wir Parlamentarier und Regierungen beraten. In Groẞbritannien wo der WFC (nach Aussage des damaligen Energieministers Charles Hendry) den Anstoss für die Schaffung eines solchen Gesetzes gegeben hat, hat nur die dadurch neu entstandene Photovoltaik-Kapazität die Gröẞenordnung von 3 bis 4 Atomkraftwerken.(Ein zusätzlicher Vorteil der erneuerbaren Energien ist, dass auch eine halbfertige Anlage schon die halbe Lieferkapazietät hat, während sogar eine zu 99% fertiges AKW gar keinen Strom liefert!) Die Erfolge der erneuerbaren Energien haben viele Gegener auf den Plan gerufen, besonders auch in Groẞbritannien, wo ich lebe, mit immer absurderen Argumenten. So hiess es kürzlich im Londoner „Daily Telegraph“, das Leben in der Nähe einer Windfarm könnte taub machen („Living near a windfarm could make you deaf“). Als Antwort hat die Wind-Energie Firma Ecotricity gestern im „Guardian“ eine 2-seitige Anzeige geschaltet mit der Überschrift „Nothing Happened“ („Nichts geschah“), die darauf hinweist, dass auf Grund der Windenergie das Leben normal weiterging als kürzlich 4 AKWs abgeschaltet werden mussten, und ein groẞes Kohle KW Feuer fing.

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Mehr als 100 Zuhörer folgten den Ausführungen Jakob von Uexkülls in Hamburg

Die aktuelle Wirtschafts-Krise lässt Themen wie Klimaschutz und die zukünftige Energieversorgung für viele weniger dringlich erscheinen. Dabei sind gerade in diesen Monaten viele Klima-Wissenschaftler in einem Zustand von Panik weil die tatsächliche Zunahme von CO2 Emissionen und die prognostizierten Konsequenzen die schlimmsten Prognosen übertreffen. Leider werden Risiko- und Gefahrenhierarchien von vielen Politikern, Unternehmern und Medien nicht verstanden. Auch im neuesten UN-Klima-Bericht heisst es, Wirtschaft und Konsum würden sich in den nächsten 100 Jahren trotz Klimawandel vervielfachen. Dies ist natürlich Unsinn, basierend auf falschen Berechnungen, wie das von Ökonomen beliebte DICE-Modell, nach dem erst bei +18°C die Wirtschaftsproduktion um 50% fällt, obwohl in Wirklichkeit die Erde dann schon längst unbewohnbar ist! Im Klima-Chaos geht natürlich auch die Wirtschaft unter. Die Natur liefert keine „Rettungspakete“ und mit schmelzenden Gletschern kann man nicht über einer Stundung unserer Schulden gegenüber der Natur verhandeln.

Wie kann es sein, dass noch immer eine häufig gehörte Formel lautet: Ich bin für Klimaschutz und Energiewende, aber man muss sie sich auch leisten können? Hier wird ganz offensichtlich von einer falschen Risikohierachie ausgegangen, denn sie heisst ja – logisch zuende gedacht – dass wir uns nicht mehr leisten können, auf dieser Erde zu leben!

Die Energiewende kann gar nicht teuer oder zu teuer sein. Teuer ist höchstens, dass wir nicht schon viel schneller gehandelt haben. Zu teuer ist, dass wir immer noch den größten Teil der Sonnenenergie und des Windes heute nicht nutzen. Denn morgen ist ihr Potential für immer verloren. Zu teuer ist vor allem, dass noch immer sechs mal mehr öffentliche Gelder in fossile Brennstoffe fließen als in den Aufbau der Erneuerbaren Energien.

In Deutschland haben Erneuerbare Energien in den letzten 40 Jahren weniger als ein Viertel der Fördergelder erhalten, die in die Steinkohleförderung und in die Atomenergie geflossen sind.

Aber trotz der erschwerten Ausgangsbedingungen für die Erneuerbaren Energien werden im Jahr schon weltweit über 300 Gigawatt erzeugt (große Staudammprojekte nicht mitgerechnet).

Die USA investieren Milliardensummen in Wind und Solarkraftwerke, das EEG wurde von über 60 Ländern der Welt eingeführt, darunter Japan, Indonesien, Saudi Arabien und einige Länder Afrikas.

141108_Energiekongress_c_ChristineLutz (236)China ist zum weltweit wichtigsten Markt für Erneuerbare Energien geworden. Auch wenn von den in China hergestellten Solarzellen weniger als ein Zehntel im Land installiert werden so wurden die meisten Windkraftwerke der Welt in den letzten Jahren in China aufgebaut. In England wurden in den vergangenen Jahren knapp 5 Gigawatt PV-Anlagen installiert.

Und doch ist in den meisten Ländern der Gedanke einer in erster Linie von den Bürgern getragene Energiewende noch fern. Auch deshalb schauen viele Länder derzeit genau nach Deutschland, weil wir das erste große Industrieland sind, das diesen diesen notwendigen Systemwechsel umsetzt.

Ich sehe mehrere Spannungsfelder, innerhalb derer sich dieser Systemwechsel technologisch ökononomisch und gesellschaftlich vollziehen wird.

1.) Das alte Energieversorgungssystem, zum Großteil basierend auf dem Einsatz der von Kohle, Öl, Erdgas und Uran, liegt eine vertikale Erschließung der Energieressourcen zu Grunde, die vor allem das Businessmodell von Großunternehmen begünstigt. Die Erschließung der Erneuerbaren Energien geschieht hingegen in erster Linie flächig (vielleicht mit Ausnahme der Geothermie). Dies begünstigt vor allem das Geschäftsmodell von kleinen Einheiten, also Genossenschaften, Privatpersonen, Kooperativen.

2.) Bei dem alten Energieversorgungssystem wird die Energiequelle oder der Rohstoff zum Kraftwerk transportiert. Bei den Erneuerbaren Energien ist es andersherum – das Kraftwerk wird dort platziert wo das beste Energieangebot herrscht. Dies hat zwangsläufig eine Neuordnung des Stromerzeugungs- und Verteilungssystems zur Folge.

3.) Bei dem alten Energieversorgungssystem sind Erzeuger und Verbraucher vollständig getrennt. Bei einem System, welches auf Erneuerbare Energien aufbaut, sind Tausende von Verbrauchern zugleich auch anteilig Strom- und Wärmeproduzenten, oder Verpächter von Ackerflächen zum Bau von Windparks. Dies bewirkt eine gesellschaftliche Teilhabe an der Gewinnschöpfung der Energieproduktion sowie eine Ent-Anonymisierung der Energiefrage in der Gesellschaft. Es ist offensichtlich, dass dadurch gleichzeitig der Einfluss der etablierten Energiekonzerne durch den Verlust des Versorgungsmonopols schwindet.

Überall in der Welt fallen in dem alten Energieversorgungssystem grundsäzlich drei Kostenblöcke an:

  • Kosten für den Brennstoff (bei Exploration, Erschließung, Verarbeitung, und Vetrieb)
  • Kosten der Energieumwandlung und Verteilung (Kraftwerk, Netze, Vertrieb),
  • Kosten der Gemeingüterschaden bzw. Kosten der entstandenen Umweltschäden (Emissionshandel, CO2 Steuern, Renaturierung).

Bei Erneuerbaren Energien fallen zwei der drei Kostenblöcke nahezu weg. Keine Brennstoffkosten, keine Umwelt und Klimaschäden.

Man könnte sogar noch weitergehen und einen vierten Kostenblock des alten Energiesystems nennen. Der enorme Nutzen von fossilen Rohstoffen für nichtthermische Zwecke ist in dem Moment auf ewig verloren, indem sie zur Produktion von Strom und Wärme verbrannt wurden obwohl alternative Energien quasi unbegrenzt zur Verfügung stehen. Um es klar auszudrücken: Es ist ein Verbrechen an zukünftigen Generationen wertvolle, endliche Rohstoffe zum Zwecke der elektrischen oder thermischen Energieerzeugung einfach zu verbrennen , wenn diese Aufgabe auch durch die Nutzung Erneuerbarer Energien schon übernommen werden kann.

Jede Rohstoffeinheit die nur zur Energieerzeugung verwendet wird und die nicht durch Erneuerbare Energien ersetz wird, verursacht einen Nutzenausfall und daher Kosten bei der Verwendung für Nichtenergetische Zwecke.

Legt man die Marktpreise der letzten fünf Jahre als Referenz zugrunde, ergeben sich so weltweit Kosten, d.h. eine Verschwendung von Naturkapital, von rund 9 Mrd. US-Dollar pro Tag (rund 3,3 Billionen pro Jahr) die aus der zukünftigen Nichtverfügbarkeit von fossilen Rohstoffe entstehen.

Die wichtigsten Geschwindigkeits-bestimmenden Faktoren der Energiewende sind also innerhalb der vier Spannungsfelder: Neue Geschäftsmodelle, Netze, Regionale Wertschöpfung und Kosten zu suchen.

141108_Energiekongress_c_ChristineLutz (70)Für die etablierten Energiekonzerne bedeuetet die Energiewende eine enorme politische Kräfteverschiebung. Nach dem Fall des Gebietsmonopols für die großen Energiekozerne fällt nun schrittweise auch das Versorgungsmonopol. Natürlich stellt sich die Frage, ob das alte Geschäftsmodell des Versorgungsmonopols nicht doch irgendwie auch mit Erneuerbaren Energien zu machen wäre zum Beispiel durch den Bau von Offshorewindparks, Solaranlagen in der Wüste oder, wie zum Beispiel in Brasilien oder China durch enorme Staudammprojekte.

Aber warum eigentlich? Warum sollte in einer modernen Enrgieversorgungstruktur das zentralistische Geschäftsmodell weiterhin Bestand haben?

Die Energiewende bedeutet schon heute das Ende des Versorgungsmonopols der Energiekonzerne. Entweder sie passen ihr Geschäftsmodell an, oder sie haben keine Zukunft. Die Energieerzeugung wird überwiegend von den Bürgern und Stadtwerken übernommen, was gleich mehrere Vorteile für ein Land hat. Es entstehen neue Arbeitsplätze in dem jeweiligen Land und Regionen und Gemeinden können mit höheren Einnahmen rechnen, d.h. die so genannte Externalitäten werden positiv.

Die Energiewende steht auch für die Renaissance einige vertrauter Ideen wie Energiegenossenschaften und die Teilhabe vieler Tausender Bürgerinnen und Bürger an der Gewinnschöpfung der Energieerzeugung.

Daraus folgt, dass die eigentliche Frage der Energiewende lauten muss: In was für einer Gesellschaft wollen wir in Zukunft leben?

Eine Gesellschaft, die die Themen Klimaschutz, Energieversorgung, Mobilität und Versorgungssicherheit sowie die Energiepreise weiterhin in den Händen großer, zentralistisch angeordneter Energiekonzerne belässt?

Oder eine Gesellschaft, in der viele Bürger gleichzeitig die Energiewende im Kleinen umsetzen, mitgestalten und dabei mitgewinnen?

Angesichts der existenziellen Bedrohung durch den Klimawandel interessiert natürlich am meisten, wie schnell wir das Ziel einer umweltfreundlichen Vollversorgung mit Energie erreichen? Aber ich bin überzeugt, dass der schnellste Weg der der Partizipation ist.

Deutschland kann dadurch sicherstellen, dass es sich die Energiewende im eigenen Land weltweit zu Nutze macht. Dazu braucht es aber eine entschlossene und vor allem unabhängige Politik, die anerkennt, dass sich Verantwortung, Akzeptanz und Beteiligung in der Energiefrage gegenseitig bedingen.

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Von Uexküll im Gespräch mit dem Vorstand von Greenpeace Energy, Sönke Tangermann und Nils Müller (von links).

Deshalb brauchen wir ein neues Energiemarktkonzept, dass die dezentralen Strukturen stärkt und die sich endgültig abwendet von Lösungen die offenkundig die Energiekonzerne von gestern auf Kosten unserer Kinder und Enkel schonen sollen. Greenpeace Energy hat bei diesem Transformationsprozess bereits eine sehr wichtige Rolle gespielt, und wird in den nächsten Jahren als Vorreiter und Vorbild dringend benötigt.

Entstanden ist Greenpeace Energy ja aus der so genannten Stromwechsel-Kampagne von Greenpeace Deutschland, die im Jahr 1999 Tausende Unterschriften zusammen getragen hatte von Menschen, die erklärten, Ökostrom beziehen zu wollen, wenn sie nur könnten.

Die Liberalisierung des Strommarktes brachte dann die Möglichkeit und Greenpeace entschied, selbst an den Start zu gehen. Das war eine echte Pionier-Tat. Verlässlichen Strom kaufen bei einer Umweltorganisation? GP energy hat bewiesen, dass dies geht, seit 15 Jahren! GPenergy warb mit dem Slogan „Dein persönlicher Atomausstieg“ und setzte damit der allgemeinen Ohnmacht des Einzelnen gegenüber der deutschen Energiepolitik die Chance entgegen, selbst aktiv zu werden. Allein dieser Effekt ist in seiner Wirkung für die Energiewende, kaum zu überschätzen.

Besonders hervorzuheben ist auch die Wahl, dies als Genossenschaft zu tun.

Der Anfang wurde Greenpeace denkbar schwer gemacht. Die etablierten Energieversorger versuchten den Ökostrom-Anbieterwechsel wo es nur ging zu blockieren.

Nachdem der Wechsel nicht mehr durch Hindernisse bei der Durchleitung erschwert werden durfte, versuchten einige mit persönlichen Briefen und sogar einer Androhung, den Strom abzuschalten Stromkunden zu verunsichern. Der Abschluss von Durchleitungsverträgen wurde so lange wie möglich hinausgezögert. Schwerwiegender noch war der Versuch, den Stromkunden eine „Wechselgebühr“ aufzuhalsen. Greenpeace Energy ging massiv dagegen vor, auch vor Gericht.

Die Position von GPenergy wurde von Gerichten und Kartellbehörden schließlich bestätigt. Dass Greenpeace damals als einer der ersten am Markt durchgehalten hat war für die gesamte im Entstehen befindliche Ökostrom-Branche sehr wichtig.

Aus Greenpeace Energy ist heute „das etwas andere Ökostromunternehmen“ geworden. Und das ist etwas sehr Besonderes. Denn das alte Silo-Denken können wir uns nicht mehr leisten. Die Klima-Krise ist nicht nur eine Bedrohung unserer Umwelt, sondern auch eine Bedrohung unserer Sicherheit, unserer Menschenrechte und Demokratie, und natürlich auch unserer Wirtschaft. Sie muss auf allen Ebenen bekämpft werden: durch zivilgesellschaftliche Mobilisierung, politische Anreize und unternehmerische Initiativen.

Unsere Schulden gegenüber unserer Umwelt und zukünftiger Generationen haben jetzt ein Ausmaẞ erreicht, dass eine Ent-Schuldung und eine Internalisierung von bisher abgewältzten Kosten sehr schwierig macht.

Wie World Future Council-Mitglied Pavan Sukhdev in seinem kürzlich erschienenem Buch „Corporation 2020“ feststellt, würde eine – eigentlich selbstverständliche – volle Internalisierung von Produktionskosten die allermeisten Unternehmen heute in den Bankrott treiben.

Der Wunsch, die Subventionen für fossile Brennstoffe abzuschaffen ist z.B. von links bis rechts verbreitet. Aber in vielen Ländern würde dies zu einer Revolution führen, wegen der Abhängigkeit von billigen Energiepreisen bei groẞen, besonders armen, Bevölkerungsschichten. Die Senkung von Benzin-Subventionen hat letztes Jahr in Sudan, Jordanien und Nigeria zu groẞen Protesten geführt.

Daher muss der Übergang zu einer nachhaltigen Gesellschafts-und Wirtschaftsordung genau geplant und umgesetzt werden, mit integrierten Policy-Anreizen für den Umbau sowohl unserer globalen Produktion wie unseres Konsums – die gröẞte gesellschaftliche Herausforderung aller Zeiten, die auf vielen Gebieten nicht nur neues Denken, sondern auch neue Allianzen und Formen der Zusammenarbiete erfordert.

Vielen Dank

Christoph Rasch
Christoph Rasch
Arbeitete lange als Journalist und Autor für Tageszeitungen, Magazine und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Seit dem Frühjahr 2014 im Bereich Politik und Kommunikation bei Green Planet Energy tätig.